Montag, 14. November 2005

Von Mäusen und Menschen (Teil 2)

Es ist Freitag Abend und ich bin am Brandenburger Tor, um mich nach langer Zeit mal wieder mit meiner Freundin S. zu treffen.
Hier ist Trubel aufgrund des Besuches des chinesischen Staatssekretärs Hu Jintao. Alle sind in heller Aufregung: Polizisten, Touristen, Demonstranten, Schaulustige.
Auf der Baustelle neben dem Brandenburger Tor merkt man von dieser Aufregung nichts. Hier springen drei kleine Wesen herum, die absolut unbeeindruckt vom Staatsbesuch sind. Es sind drei kleine Mäuse, die gut geschützt unter Holzbrettern und Stahlträgern herumturnen. Ich bleibe stehen und beobachte das lustige Treiben. Einige Passanten wundern sich, warum ich denn an dem Metallzaun stehe und auf den Boden starre. Sie versuchen, meinem Blick zu folgen, können aber nicht erkennen, worum es mir geht und spazieren weiter in Richtung der Menschentraube vor dem Tor.
Die Mäuse haben inzwischen einen alten zusammengeknüllten Gefrierbeutel entdeckt, in dem wohl mal ein leckeres Frühstücksbrötchen steckte. Sie kommen immer einzeln angerannt und versuchen das Objekt ihrer Begierde weg von dem Bauzaun zu zerren, neben dessen Pfeiler es festklemmt. Die große Angst, die sie vor dem freien Himmel haben, zwingt sie allerdings dazu, nach einem Zerrversuch sofort wieder unter das schützende Holzbrett zu verschwinden.
Ich knie mich nieder, befreie den Beutel aus seiner Klemme und schupse ihn etwas in die Nähe des Holzbrettes. Meine unvorhergesehene Bewegung hat die Mäuse erschreckt und es dauert etwas länger, bis sich wieder eine aus dem Versteck heraus traut, um sich den Gefrierbeutel zu schnappen, der nach allem was ich erkennen kann, nichts mehr enthält als wohl lediglich noch den Duft des Brotes, das sich in ihm befand.
Ich knie mich ein weiteres Mal hin, breche drei kleine Stückchen meiner Weihnachts-Mandel-Schoki ab, die ich in der Tasche habe und werfe sie in Richtung des momentanen Unterschlupfes der drei Mäuse.
Wieder dauert es einen Moment bis sich eine kleine Nase unter dem Brett blicken lässt und *schwups* ist das erste Stück Schoki verschwunden, dann das zweite und sofort danach das dritte.

Mäuse sind da eben nicht so wählerisch, was den Verzehr von Weihnachtsschoki angeht ;)


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